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Achtung Stacheln (Saguaro National Park)

Nur die stärksten überleben − Am 12. Januar 2006 fahren wir nach Süden Richtung Tuscon. Dabei passieren wir einige Grossbaustellen. Phoenix’ Agglomeration gehört zu den am schnellsten wachsenden Regionen der USA. Tina als Immobilienmaklerin mag dies einerseits freuen, anderseits bereitet ihr die Entwicklung auch Sorgen. Schliesslich befinden wir uns hier in der Wüste, wo Wasser bekanntlich rar ist. Die Wasserversorgung könnte in Zukunft zu einem echten Problem werden.

Wir verlassen die Hauptroute, um etwas mehr von der Landschaft zu sehen. In diesem Teil der Sonora Wüste gibt es allerdings wenig zu entdecken und so kehren wir ein paar Meilen weiter südlich wieder auf die Interstate 10 zurück. Vor Tuscon biegen wir erneut ab, um in den Saguaro National Park zu gelangen.

Der Park besteht aus zwei Teilgebieten, die am westlichen bzw. östlichen Rand der Stadt Tucson liegen. Der kleinere Westteil, den wir heute besuchen, behiematet ausgedehnte Bestände der Kandelaberkakteen (engl. Saguaro), die dem Park den Namen gaben. Die Riesenkakteen können bis zu 15 Meter hoch und 8 Tonnen schwer werden. Bis ein Saguaro diese Grösse erreicht, vergehen jedoch viele Jahre. Sein Leben beginnt als Samen in der Grösse eines Stecknadelkopfs. Ein ausgewachsener Saguaro produziert zehntausende solcher Samen pro Jahr. Nur wenige davon überleben. Am besten stehen die Chancen jener Samen, die geschützt vor Sonne, Schnee, Nagetieren und Vögeln unter einer anderen Pflanze oder einem Stein zu liegen kommen. Nach einem Jahr beträgt die Grösse gerade mal 6 mm, nach 15 Jahren etwa 30 cm. Mit fünfzig erreicht der Saguaro eine Höhe von bis zu 2 Meter und nach 75 Jahren beginnen die ersten «Arme» zu wachsen. Erst mit 150 Jahren (!) erreicht er die erstgenannte Höhe von 15 Meter.

Während all dieser Jahre hat der Saguaro gegen viele Widerwärtigkeiten zu kämpfen. In jungen Jahren kann er Vögeln oder anderen Tieren als Nahrung zum Opfer fallen. Später droht ihm der Tod bei Gewitter und Sturm. Zudem gilt es auch immer wieder längere Dürreperioden zu überstehen. Zu diesem Zweck legt sich der Saguaro ein weitflächiges Netz von Wurzeln an, die knapp unter der Oberfläche liegen. Bei Regen können die Wurzeln bis zu 200 Gallonen Wasser aufnehmen und speichern. Genug um den Kaktus ein Jahr lang zu versorgen.

 

Nachtaktiv − Nachdem wir uns im Visitor Center des Parks über die Saguaros informiert haben, wollen wir sie natürlich auch live sehen. Auf dem Bajada Loop Drive gelangen wir zum Startpunkt des Valley View Overlook Trails. Die kurze Wanderung führt zwischen verschieden hohen Saguaros und anderen Wüstenpflanzen hindurch. In der Sonora Wüste wachsen über 50 verschiedene Kakteenarten und auch die Fauna ist vielfältiger, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Trotzdem sind es vor allem die alles überragenden Saguaros, die uns faszinieren. In ihren Stämmen und «Armen» finden sich Löcher, die von Spechten und anderen Vögeln «rausgefressen» wurden, um darin ihren Nachwuchs grosszuziehen. Die «Wände» der Seguaros sind perfekt isoliert. So bleibt es in den «Nestern» der Vögel im Sommer bedeutend kühler und im Winter um einiges wärmer als draussen.

Die Saguaros haben eine weitere Eigenheit, die wir aber leider nicht zu sehen bekommen. Jedes Jahr von Ende April bis Juni bilden sich in der Kühle der Nacht Blüten auf den Spitzen der Kakteen. Am nächsten Nachmittag sind die Blüten der letzten Nacht welk und machen Platz für neue. Das Spektakel wiederholt sich während mehrerer Wochen Nacht für Nacht.